Ungesagte Worte by Laura Gambrinus

Ungesagte Worte by Laura Gambrinus

Autor:Laura Gambrinus [Gambrinus, Laura]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-04-26T00:00:00+00:00


Etwas muss ich allerdings noch erledigen, das mir schwer im Magen liegt.

Ich muss mit Claudio sprechen. Er ist ein guter Freund und hat es nicht verdient, dass ich ihn einfach übergehe oder anlüge. Auch wenn es mir sehr schwerfällt und äußerst unangenehm ist – ich werde ihm sagen, wie sich mein Leben ganz unerwartet entwickelt hat. Also fasse ich mir ein Herz und gehe am Dienstagabend nach dem Einkaufen zu ihm. Da er die Pasticceria meistens pünktlich um acht Uhr schließt, können wir uns anschließend ungestört unterhalten, ehe er nach Hause geht. Letzte Woche habe ich es ja geflissentlich vermieden, ihm zu begegnen, wir haben nur ein paar kurze SMS ausgetauscht, das war’s.

Wie ich es geplant hatte, ist Claudio gerade dabei, abzuschließen, als ich die Konditorei betrete.

„Ciao, Claudio“, grüße ich ihn lächelnd.

Er bedenkt mich mit einem Nicken. „Ciao, cara.“

„Claudio, ich muss dir was sagen.“ Es hat ja ohnehin nicht viel Sinn, um den heißen Brei herumzureden, daher falle ich gleich mal mit der Tür ins Haus.

Er sieht sich unschlüssig im Laden um. „Bist ein bisschen spät dran. Wärst du früher gekommen …“

„Kannst du mich nicht nach Hause fahren? Ich habe absichtlich das Auto stehen lassen und bin jetzt mit meinen Einkäufen zu Fuß.“ Ich deute auf die beiden Taschen, die vollgepackt neben mir stehen. Es wäre nicht das erste Mal, dass wir uns bei mir zu Hause treffen und einfach nur quatschen, allerdings haben wir das schon länger nicht mehr gemacht. Aber für diesen Anlass wäre es mir feige erschienen, ihn nebenbei quasi in der Öffentlichkeit abzuspeisen. Auch wenn es mir schwerfällt.

„Alles schon geplant, wie?“, murrt er, doch dann sperrt er schließlich doch die Tür hinter sich zu und geht vor mir her zu seinem Auto. Wenig später sitzen wir in dem kleinen Lieferwagen, mit dem er am Wochenende seine gefragten Süßigkeiten an Bars und Supermärkte in der Umgebung ausliefert. In dieser Hinsicht hätte ich keinen besseren Käufer für das Vermächtnis meiner Großmutter finden können als ihn. Er hat Ideen, ist kreativ und unermüdlich. Immer wieder findet er neue Kunden, hat neue Rezepte im Kopf und plant irgendetwas. Leider war das eben nicht mein Weg.

Claudio fährt den kleinen Hügel hinauf und biegt in die schmale Sackgasse ein, in der ich wohne. Er hilft mir, die Tüten ins Haus zu tragen, und macht es sich danach auf der Couch bequem. Als ich mit einer Flasche Rotwein und zwei Gläsern aus der Küche zu ihm komme, sieht er mir erwartungsvoll entgegen.

„Und was gibt es nun so Wichtiges zu bereden, dass du mich mal wieder zu dir nach Hause einlädst?“

Ich setze mich in einen Sessel ihm gegenüber und schenke uns ein. Es fällt mir nicht leicht, doch nach den ersten zögernden Worten erzähle ich frei von der Leber weg.

Ohne mich zu unterbrechen, hört Claudio mir zu. Seine Miene bleibt unbewegt, er sieht mich nicht an, während ich ihn so nüchtern wie möglich über die Tatsachen in Kenntnis setze, ohne dabei in die Tiefe zu gehen. Als ich fertig bin, sitzt er eine Weile nur stumm da und sieht an mir vorbei.



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